Slowenischer Schriftsteller Florian Lipus bestätigt die Stiefelgeschichte: Falsche Täterversion am Perschmannhof
Klagenfurt, am 26. Juni 2013
S.g. Herr Direktor!
Als deutschsprachiger Kärntner mit slowenischen Sprachkenntnissen, die mir auch den Zugang zur slowenischen Literatur ermöglichen haben Sie meiner bescheidenen Meinung nach mit ihrem dichterischen Schaffen diese bereits wehr massgeblich bereichern können. Ihr Werk „Stesnitev“, in das ich mich u.a. hineinlesen konnte war für mich allerdings keine leichte Kost.
Der Grund aber, Sie zu kontaktieren sind „Die Stiefel, Nonstop-Drama“. Zu diesem verfüge ich über eine authentische Übersetzung ins Deutsche von einem Herrn Strutz. Sie stellt allerdings die historische Wahrheit in einer bestimmten Angelegenheit (Familienmassaker am 25.4.1945) beim Perschmannhof in Koprein b. Eisenkappel in dichterischer Freiheit auf den Kopf und sie ist wohl auch deshalb eine Stiefelgeschichte im wahrsten Sinne des Wortes. Das festzustellen bin ich durchaus in der Lage, zumal ich mich mit dieser Thematik schon längere Zeit sehr eingehend befasse. Ich kann mich dabei auf den Lagebericht der Sicherheitsdirektion für Kärnten vom 23.10.1946 (liegt im Kärntner Landesarchiv zur Einsicht auf) und nicht zuletzt auf das dem Partisanenführer Prusnik zugeschriebene Buch „Gemsen auf der Lawine“ und auf das stützen, was er auf den Seiten 403 und 404 selbst schildert. Was das Letzere betrifft, dass ihn im Jahre 1946 der Kommandant der britischen Untersuchungskommission in der Karlau (Gefängnis) in Graz aufsuchte, und dieser ihm bei der Begegnung die Täterschaft der Partisanen ins Gesicht sagte und die Reaktion auf diesen Vorwurf bereits ein indirektes Eingeständnis war. Warum der Brite von dieser Annahme ausgehen konnte entnehmen Sie dem von mir bereits erwähnten Lagebericht. Ein Anton Sadovnik vulgo Peternel, ein Bruder des massakrierten Hofbesitzers hat sich am Folgetag in der Früh der drei Überlebenden des Massakers (Ana S., Ciril S. und Amalia S.) angenommen, ihre Wunden verbunden und sie dann auf einem Leiterwagen nach Eisenkappel gebracht - zum Weitertransport ins Krankenhaus. Abgesehen davon, dass die Überlebenden bei der Gegenüberstellung mit den Angehörigen der Polizeieinheit, die bekanntlich am besagten Tag einem Viehdiebstahl nachging, der sie auf den Perschmannhof führte, sie diese nicht als Täter erkannten und einer der Überlebenden (vermutlich Ciril) mit dem Hinweis auf die Lederbekleidung derselben die Täterschaft der Titopartisanen bereits ausser Streit stellten, ist Anton Sadovnik doch wohl der Kronzeuge für die Geschehnisse am Vortag, der Hinweise auf die Täterschaft der Titopartisanen bereits aus erster Hand erhalten hat. Das wussten doch wohl auch die Titopartisanen. Den diesen müsste er im Weg gewesen sein. Nur dieses war der Grund dass seine Gattin, der ein Verhältnis mit Titopartisanen nachgesagt wurde dazu missbraucht werden konnte, ihn über die Grenze zu locken und seinen Mördern auszuliefern.
Die Verschleppung hat sie nach dem Wortlaut des Lageberichtes monatelang geplant und sie wurde dann wegen Verdacht auf Beihilfe zur Menschenentführung verhaftet und monatelang im BG Völkermarkt festgehalten. Der Lagebericht bringt diese Begebenheit ausdrücklich mit den Geschehnissen am 25.4.1945 beim Perschmannhof in Verbindung.
Feststeht, dass die Angehörigen der Polizeieinheit nach dem Krieg im Gewahrsam der britischen Besatzungsmacht und der österreichischen Sicherheitsbehörden waren, die gegen diese eingehende Untersuchungen und Nachforschungen mit dem Ergebnis führten, dass kein Grund gefunden wurde, diese zum Familienmassaker anzuklagen, zumal wohl ebenso feststand, dass alle Indizien für die Täterschaft der Titopartisanen gesprochen haben, die jedoch wegen eines Verbrechens während des Krieges als Mitsieger nicht zur Verantwortung gezogen werden durften. Jene, die glauben die im Museum dokumentierte tito-kommunistische Version vertreten zu wollen, müssen verständlicherweise alle die für eine Täterschaft der Titopartisanen sprechenden und von mir bereits erwähnten Fakten verschweigen, obwohl ihnen bekannt ist, das die Ratskammer Klagenfurt des Volkgerichtes Graz die Untersuchungshaft gegen den Befehlshaber der Polizeieinheit Josef Reischl (er befehligte daher keine Einheit der Waffen–SS, wie fälschlich behauptet wird) im Jahre 1949 einstellen musste, weil kein Grund für eine Anklage gefunden wurde bzw. alle Indizien für eine Täterschaft der Titopartisanen gesprochen haben.
Das Unglaubwürdigste ist aber das, was Sie mit Ihrer Stiefelgeschichte zur Entlastung der Titopartisanen einfallen haben lassen. ‚Darauf geht die beiliegende Kopie eines Schreibens v. 23.3. d.J. an Prof. Dr. W. Baum ein. Den Beilagen zum Schreiben entnehmen Sie unter anderem, dass die Hoffamilie einer Aufforderung der Titopartisanen, mit ihnen in den Wald zu flüchten, mit der Begründung abgelehnt haben, dass es ähnliche Situationen schon des Öfteren gegeben hat, die Hoffamilie jedoch nie behelligt wurde. Ausgerechnet am 25.4.1945 sollte das anders gewesen sein, nämlich dass von der abziehenden Polizeieinheit ein Teil davon die Idee hatte, den Hof neuerlich zur Ermordung der unschuldigen Familie aufzusuchen, das s.g. Herr Direktor können Sie nur aus Ihrem Finger gezogen haben.
Es kann Ihnen ja nicht unbekannt sein, dass die Titopartisanen gegen Ende des Krieges in ihrer Siegerlaune auf alles geschossen haben, was nicht kommunistisch sein wollte und dieses Schicksal muss dann wohl auch der Familie beim Perschmannhof beschieden gewesen sein.
Mit freundlichen Grüssen
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Antwort Florjan Lipusch:
Originaltext 1 Seite
Verehrter Herr Dr. Siegfried Lorber,
mit Interesse habe ich Ihre Zuschriften gelesen und mich sehr gewundert, weil alle Angeschriebenen über einen Kamm geschoren werden und allen die gleiche (böse) Absicht zugeschoben wird. Wobei ich denke, dass die Stiefelgeschichte die kleinste und gar keine Rolle in der wissenschaftlichen und juristischen Arbeit spielen sollte. Denn sie gehört in einen anderen Bereich.
Nun habe ich selbst keine Archive aufgesucht, habe weder recherchiert noch sonstwie und –wo nachgeforscht, sondern im Text „Die Stiefel“ einfach das verwendet, was in Leppen allgemein bekannt war und erzählt wurde. Aber auch jeder in der slowenischen Volksgruppe hätte Ihnen die Geschichte so und nicht anders wiedergegeben. Abgesehen natürlich von den schriftstellerischen Freiheiten, denn es handelt sich nicht um eine Reportage, sondern um eine freie, mutwillige, von mir erdachte Bearbeitung.
Nicht einmal andeutungsweise war irgendwo eine andere Lesart dieses Ereignisses zu hören. Jahrzehntelang nicht.
Die Stiefelgeschichte entspricht also dem „Wissensstand“ der Zeit, in der sie verfasst wurde. Sie ist auch keine Dokumentation, sondern bedient sich in freier Bearbeitung bekannter, vorhandenen Bilder und Berichte. Sie wollte schon gar nicht etwas verdecken oder verdrehen. Ich kenne die Wahrheit nicht, ich kenne nur die Erzählung davon, weder Sie noch ich waren dabei, verschliesse mich aber ihr auch nicht. Wenn es so war, wie Sie vermuten und zu belegen versuchen, ist es noch schlimmer und umso mehr zu verurteilen. Auch die Wissenschaft hat Jahrzehnte gebraucht, um der Wahrheit, wenn es eine ist, näher zu kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Florjan Lipus
(Sielach/Sele 52, A-9133 Sitterdorf/Zitara vas)
Sielach/Sele, 2. Juli 2013 Unterschrift
Ende Originaltext